„Wer macht eigentlich Geschichte? Sind es ‚große Männer‘ wie Stalin, Churchill, Mao, Napoleon? Oder entsteht Geschichte aus dem Klassenkampf, aus dem Spiel der Kräfte innerhalb der Gesellschaft? Oder ist es Hegels Zeitgeist? Der Streik auf der Lenin-Werft, der langfristig die Perestroika und den Fall der Mauer bewirkte, also wirklich weltgeschichtliche Entwicklungen, war durch die Haltung eines einzelnen Menschen, der nicht einmal ein Programm hatte, ausgelöst worden. Konnte es sein, fragte ich mich, dass Geschichte, wie die Evolution, durch winzige Mutationen ‚gemacht‘ wird?“ (Schlöndorff, 2011)
STRAJK beruht auf der Lebensgeschichte von Anna Walentynowicz (1929-2010), die ab 1950 dreißig Jahre lang in der Danziger Lenin-Werft arbeitete und eine entscheidende Rolle bei der Gründung der freien Gewerkschaft Solidarność spielte. Der landesweite Streik, der die Machthaber in Polen 1980 zur offiziellen Anerkennung der bis dato illegalen Solidarność zwang, wurde durch die politisch motivierte Entlassung Walentynowiczs ausgelöst. Die Führung der Gewerkschaft, die später eine entscheidende Rolle bei der Wende von 1989 spielen sollte, überließ sie aber ihrem Arbeitskollegen Lech Walesa. Für Schlöndorff war die Beschäftigung mit der Biographie Anna Walentynowiczs Anlass für ein Nachdenken über das Wesen der Geschichte selbst. Im Film konzentriert er sich auf die Jahre 1960-1980, in die der entscheidende Teil von Walentynowiczs politischem Engagement fällt.
Die wichtigste historische Quelle für STRAJK war der Dokumentarfilm Wer ist Anna Walentynowicz? (2001) von Sylke Rene Meyer. Der Film besteht fast ausschließlich aus Interviews mit der Protagonistin und anderen Zeitzeugen sowie historischem Bildmaterial. Meyer schrieb auch am Drehbuch zu STRAJK mit, das im Wesentlichen auf ihrer Dokumentation beruht. Allerdings beschloss Schlöndorff, den Stoff auf der persönlichen Ebene relativ frei zu verfilmen. Die Hauptfigur seines Films ist zwar an Walentynowicz angelehnt, trägt aber den Namen Agnieszka Kowalska. Kowalska agiert im Film als politische Figur genauso, wie es Walentynowicz in den 1960er und 70er Jahren getan hat, ihr Privatleben und ihre Persönlichkeit unterscheiden sich aber von der historischen Vorlage. Der Hauptgrund für die Entscheidung Schlöndorffs, sich nicht exakt an der Person Anna Walentynowiczs zu orientieren, war die Tatsache, dass diese dem Filmvorhaben von Anfang an ablehnend gegenüberstand und sogar mit rechtlichen Schritten drohte. So wurde aus dem Film, der ursprünglich als Biographie geplant war, eine „Ballade nach historischen Ereignissen“ (Schlöndorff). Obwohl Walentynowicz auch mit dem fertigen Film absolut nicht zufrieden war, wurde er in Polen überwiegend positiv aufgenommen.