Ausstellung – Stadtrundgang
Die Sammlung Volker Schlöndorff ist seit 2023 dauerhaft in den Besitz des DFF übergegangen. Ermöglicht wurde dies durch die Förderung der Hessischen Kulturstiftung, der Kulturstiftung der Länder sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Schlöndorffs Heimatstadt Wiesbaden beteiligte sich am Ankauf des Vorlasses und richtete dem Filmemacher zu Ehren und unterstützt durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain, eine Ausstellung über sein Leben und Werk aus: „VOLKER SCHLÖNDORFF. Von Wiesbaden in die Welt“ [19.5. bis 18.6.2023] im Bellevue-Saal.
Aus Wiesbaden über Paris nach Hollywood: Originaldokumente zeigten Schlöndorffs Kindheit, seine Zeit in Frankreich und seine Arbeiten als Autor, Regisseur und Produzent. Ergänzend zu den filmischen und schriftlichen Exponaten aus der umfangreichen Sammlung des DFF, präsentierte die Ausstellung einen Video-Stadtrundgang Schlöndorffs durch Wiesbaden.
»Man wird ja immer mal wieder gefragt, wo man herkommt. Was ist denn Dein Geburtsort? Und da hab‘ ich jedes Mal so ein kleines Zögern gehabt … und dann so halb verschämt gesagt: Wiesbaden.« [V.S., Oktober 2021, wie alle nachstehenden Zitate.]
Der Gang durch Wiesbaden mit Volker Schlöndorff fand am 14. und 15. Oktober 2021 statt. Die besuchten Orte waren: Rheinufer / Rathausstraße 60 / Schloss Biebrich / Deutsche Film- und Medienbewertung / Filmbewertungsstelle [FBW] / Gutenbergschule / Studiogelände Unter den Eichen / Caligari FilmBühne.
Oktober 2021: Wir haben uns wieder einmal verabredet. Für zwei Tage wollen wir mit einem Drehteam durch Wiesbaden gehen. Es soll eine Collage der Erinnerungen an die frühen Jahre werden, an prägende Orte seiner Kindheit und Jugend: das Elternhaus mit der Arztpraxis des Vaters in der Biebricher Rathausstraße, das Rheinufer, den Schlosspark, den Vorführraum der Filmbewertungsstelle, die Gutenbergschule, das ehemalige Studiogelände Unter den Eichen und sein Lieblingskino, das frühere Ufa im Park, die heutige Caligari FilmBühne.
»Biebrich war mein Schicksal.«
Geschichten von einem, der ausgezogen ist, um nun zurückzukehren. Volker Schlöndorff erzählt vom Besuch des Strandbads auf der Rettbergsaue und von seinem ersten Kurzfilm – WEN KÜMMERT’S (BRD 1960) – gedreht auf dem väterlichen Segelboot, unter dem Pseudonym Volker Loki [der Kosename seiner Mutter].
Er erwähnt den tragischen Tod seiner Mutter … redet über seine jugendliche Begeisterung für Literatur und Fotografie, seine Zeit im Jesuiten-Internat in Frankreich, über die frühen Kinoerlebnisse und über seinen damaligen Lieblingsfilm ON THE WATERFRONT (USA 1954, R: Elia Kazan) mit Marlon Brando. In der historischen Turnhalle und dem Treppenhaus seiner ehemaligen Schule, erinnert er sich, dass dieser Ort Vorbild für Szenen in DER JUNGE TÖRLESS (BRD/FR 1966) war.
»Die Turnhalle ist natürlich die Inspiration im TÖRLESS für die große Turnhalle, wo sie den Basini dann aufhängen. Ja, also irgendwie hat so eine Turnhalle ja auch immer irgendwas von einer Folterkammer.«
Schicksalsgebend sieht er im Rückblick den negativen Ausgang des Bewerbungsgesprächs für eine Lehre im Wiesbadener Kopierwerk: »Im Nachhinein müsste ich ja diesem Kopierwerksdirektor äußerst dankbar sein. Ich hätte hier irgendwie Film entwickelt, wäre ein kleiner Wiesbadener Fotograf geworden, Kameramann.«
Aus den Aussagen vom Gang durch Wiesbaden haben wir eine filmische Installation für sechs digitale Leinwände montiert. In der Ausstellung folgten diesen Erinnerungs-Stationen Ausschnitte aus Schlöndorffs Filmen auf großer Projektionsfläche. Korrespondierend dazu, die Fotografien, Schriftstücke, Texte und Objekte in Vitrinen und Archivboxen
Archivbuch
Zur Ausstellung Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt ist ein 130-seitiges, reich illustriertes Archivbuch erschienen, das mit Texten, Dokumenten und Fotografien einen facettenreichen Blick auf Leben und Werk des Regisseurs, Autors und Produzenten richtet.
Neben Grußworten von Gert-Uwe Mende | Karin Wolff | Ellen M. Harrington finden sich darin Texte von Isabelle Louise Bastian: Hat der Film denn ’n Grundgedanken, oder is‘ er nur Ausdruck unserer zerrissenen Zeit? Volker Schlöndorffs MORD UND TOTSCHLAG | Bettina Buchler und Kathrin Zeitz: Zwischen Filmbewertung und Förderung. Drei Werke von Volker Schlöndorff | Philipp Dominik Keidl: Volker Schlöndorff im Internet: Eine Suche | Hans-Peter Reichmann: Mein Gedächtnis oder: Bin ich denn tatsächlich schon museumsreif? | Volker Schlöndorff: 20 Filme meines Lebens | Daniel Schuster: Unbequem in USA. Volker Schlöndorffs Filme in Amerika.
Sowie Dokumente aus dem Familienalbum, Plakate der Jahre 1966-2021 und 10 Beispiele aus der Sammlung Schlöndorff [WEN KÜMMERT’S | DER JUNGE TÖRLESS | BAAL | DER PLÖTZLICHE REICHTUM DER ARMEN LEUTE VON KOMBACH | DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM | NUR ZUM SPASS – NUR ZUM SPIEL. KALEIDOSKOP VALESKA GERT | DIE BLECHTROMMEL | HOMO FABER.